Finanzgericht: Eine islamische Religionsgemeinschaft kann gemeinnützig sein
Finanzgericht: Eine islamische Religionsgemeinschaft kann gemeinnützig sein
Der Kläger, eine seiner Vereinssatzung nach eine islamische Religionsgemeinschaft, widmet sich der Pflege, Vermittlung und Ausübung der islamischen Religion im Rahmen des Grundgesetzes und der Pflege des interkulturellen und interreligiösen Dialogs. Jede Person muslimischen Glaubens kann Mitglied werden. Auf seiner Internetseite distanziert sich der Kläger von Personen, die zu Gewalt, Extremismus und Fremdfeindlichkeit aufrufen. Seine Aktivitäten bestehen u. a. in der Durchführung und Organisation des wöchentlichen Freitagsgebets, der Unterstützung von Gemeindemitgliedern, der Reparaturen in Gebetsräumen und der Krankenhaus- und Gefängnisseelsorge. Der Kläger nimmt an interreligiösen Dialogen der Stadt und am Erfahrungsaustausch zwischen Landratsamt, Polizeipräsidium, Stadt und muslimischen Gemeinden teil. Er beteiligt sich aktiv an den internationalen Wochen gegen Rassismus. Der Verein ist nicht im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt. Das beklagte Finanzamt erteilte zunächst eine vorläufige Bescheinigung über die Gemeinnützigkeit mit Widerrufsvorbehalt. Nachdem in der Moschee des Klägers ein Theologe, dem die Einreise nach Deutschland verboten gewesen war, einen Vortrag gehalten hat, wurde die Anerkennung der Gemeinnützigkeit widerrufen.
Das FG Baden-Württemberg entschied mit rechtskräftigem Urteil 10 K 3622/189, dass das Finanzamt die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen gesondert festzustellen hat. Die Satzung erfülle die abgabenrechtlichen Anforderungen. Danach verfolge der Kläger ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Im Übrigen gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür,dass der Kläger gegen die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit verstoßen habe. Dieser werde nicht in einem Verfassungsschutzbericht als extremistisch eingestuft. Ein einmaliger Auftritt eines ggf. salafistischen Predigers reiche nicht aus, an der Verfassungstreue zu zweifeln. Offen ließ das Gericht, "wie der Sachverhalt zu beurteilen wäre, wenn es zu regelmäßigen Auftritten solch umstrittener Persönlichkeiten kommen würde".
(Auszug aus einer Pressemitteilung des FG Baden-Württemberg)